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Kanutour August 1993 auf dem Femundsee und dem Trysilelven
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Wir (André, Nicole, Marcus, Sabine, Britta und ich) wollen eine Kanutour auf dem Femundsee und dem anschließenden Wildwanderfluß Trysilelven machen. André hat die Tour im großen und ganzen schon einmal vor ein paar Jahren gemacht, wir anderen sind gänzlich Kanu-unerfahren.

André hat die Tour organisiert. Er hat zwei Kanadier mit Spritzdecken sowie drei Kanuwagen in Fuäsdalen vorbestellt, er selbst hat ein eigenes Kanu.

Nachdem die Tour fast fraglich wurde, weil Britta das Pfeifersche Drüsenfieber hatte, können wir nach Freigabe durch den Arzt nun doch fahren.

Wir kaufen für sechs Leute und drei Wochen bei Aldi ein. Unser Einkauf füllt fast drei Einkaufswagen. Das ganze Zeug wird erstmal zu André transportiert. Wir fahren mit zwei Autos, dem Opel-Corsa von Marcus der außer seiner Freundin Sabine hauptsächlich Material transportieren wird, sowie dem VW-Golf von Nicole, der außer Andrés Kanu auch noch André, Britta und mich transportieren wird.

Wir packen die Autos, wir haben so viel Krams, daß das Umklappen der Rückbank des Corsas nicht reicht, wir müssen sie rausschmeißen. Erst ist Marcus skeptisch, da er sich sowieso ein wenig anstellt mit seinem Auto, aber da ich auch einen Corsa habe und weiß wie es geht, wird die Rückbank ruck-zuck rausgeschmissen.

Gegen 22 Uhr starten wir Richtung Grenå in Dänemark. Unsere Fähre geht gegen zwei Uhr. Nach eintöniger Fahrt über deutsche und dänische Autobahnen erreichen wir sie auch. Wir sind gespannt, ob man unsere beiden Autos trennt, Nicole hat ja Überhöhe wegen des Bootes, aber wir können hintereinander auf die Fähre fahren.

Britta, Nicole, Marcus und Sabine hauen sich mit ihren Isomatten irgendwo aufs Schiff, André und ich setzen uns in den Golf und schlafen dort in unbequemer Stellung.

Morgens kommen wir in Varberg an. Nun müssen wir die ca. 700 Kilometer bis Funäsdalen in ungefähr 11 Stunden schaffen, denn um 17 Uhr ist vereinbart, daß wir am Kanuverleih unsere Boote bekommen und zu unserem Startpunkt der Nordspitze des Femundsees gefahren werden.

Britta und ich sitzen auf der Rückbank, und da das Autofahren dort ziemlich langweilig ist, verschlafen wie die meiste Zeit.

In Särna versuchen wir nochmal erfolglos beim Kanuverleih anzurufen, daß wir zu spät kommen. Egal, wir schaffen es mit nur einer halben Stunde Verspätung.

Beim Kanuverleih steht nicht nur das Taxi mit dem Kanuanhänger, nein, auch die lokale Presse ist da, macht Fotos von uns und will einen kleinen Artikel über unsere Tour schreiben. Wir sind etwas erstaunt über das Interesse daß unsere "famous tour" wie der Zeitungsmann sagt, hervorruft. Auf die Frage wie wir uns denn auf die Tour vorbereitet hätten drucksen wir herum, Britta erzählt irgendwas von Rafting was sie vor ein paar Jahren mal gemacht hat. Vorbereitet haben wir uns nämlich garnicht, wir haben allesamt (außer André) keinerlei Kanuerfahrung, Nicole ist mal ein paar Hamburger Kleinflüsse mit André gefahren. Etwas komisch ist uns nun schon zumute, aber André versucht uns zu beruhigen, daß alles garnicht so schlimm sei. Außerdem treibt uns der Taxifahrer an, der hier sowieso schon eine Stunde herumgewartet hat. Wir verstauen also unseren Krempel in dem Großraumtaxi und im Kanuanhänger und los gehts zum Nordzipfel des Femundsees in Norwegen. Dort wirft uns der Taxifahrer mitsamt unserem Gepäck raus und verschwindet wieder.

Da stehen wir nun am Ufer des Femundsees mit drei Kanus, drei Kanuwagen, acht Paddeln und einer Unmenge von Gepäck. Wir haben sechs wasserdichte Tonnen mit Krempel (jeder eine) dann noch jeder eine große Ortlieb-Rolle mit Kleidung. Hinzu kommen drei Zelte, eine große Plastikplane als Regenschutz, ein paar Kisten Getränke, Dosenbier und diverse Klappkisten mit weiteren Lebensmitteln. Außerdem ein großer Gaskocher ein großer Kochtopf vier Schwimmwesten, Fotoausrüstung(en) und noch einiger Klöterkram. Das soll alles in die Kanus? André ist zuversichtlich. Es klappt auch erstaunlich gut, wir bringen alles ziemlich problemlos unter. In den Kanus wird innen eine Leine gespannt, dort wird das Gepäck weitestgehend mit Karabinerhaken eingehakt. So schwimmt im Falle einer Kenterung nicht alles umher. Das geht mit einigen Kisten natürlich nicht, aber wenn wir erst etwas Platz gefressen haben, kommt alles in die Tonnen. Wir wollen heute nicht mehr weit fahren, da es auch schon abends ist. So begeben wir uns nur auf das gegenüberliegende Ufer der Bucht, bauen unsere Zelte im Wald auf und machen ein Feuerchen auf dem wir uns dann ein Eintopfgericht kochen.

Am nächsten Morgen packen wir unseren Kram zusammen, der heutige Plan sagt daß wir sieben Kilometer zu fahren haben. Das ist zwar nicht weit, aber wir wollen zwei Tage an einer Stelle campieren wo ein kleiner Wildfluß in den Femundsee mündet. Dort können wir mit leerem Kanu ein paar Wildwasserübungen machen, die wir später auf dem Trysilelven sicherlich gebrauchen können.

André und Nicole haben ihr Kanu ganz gut unter Kontrolle, bei Britta und mir geht es so, aus dem Kanu von Marcus und Sabine hört man gegenseitige Schuldzuweisungen und die beiden eiern ziemlich hin und her.

Nach knapp zwei Stunden haben wir die geplante Stelle erreicht und landen an. Das Wetter ist durchwachsen, sonnige Abschnitte wechseln sich mit ungut aussehenden Wolken ab. Wir landen an, bauen unsere zelte auf und entfachen ein Feuer an einer Feuerstelle die dort angelegt ist. Da das Wetter besser zu werden scheint hängen wir unsere tolle Solardusche (einen schwarzen Sack mit Brausekopf) an einem Baum auf. Irgendwie will sich das Wasser aber nicht so recht erwärmen.

André kocht Labskaus in einem großen Topf. Ziemlich viele Mücken sind unterwegs. Das Feuerholz müssen wir teilweise von ziemlich weit her holen, da das Umfeld schon ganz gut abgegrast ist. Meine Turnschuhe die etwas feucht sind sollen am Feuer trocknen. Als ich einmal kurz zum Zelt will trage ich André auf, auf die Schuhe aufzupassen. Als ich wiederkomme ist der eine Schuh angekokelt. Danke André!

Am nächsten Tag scheint die Sonne, es wird sogar ein wenig warm. Wir nehmen Andrés Kanu und tragen es mehrfach den hier einmündenden Wildfluß hoch um dann durch das strudelnde Wasser hinunterzufahren. Einer sitzt vorne, einer als Steuermann hinten und ein Passagier in der Mitte, eine Riesengaudi und überhaupt nicht schwer. Marcus will seine Hose nicht naßmachen, also zieht er sie einfach aus und fährt "unten-ohne". Bei der Schwimmweste führt aber ein Band von der Mitte hinten durch den Schritt und wird vorne in der Mitte an der Weste befestigt. Hinten hat Marcus kein Problem, er führt das Band ungeniert durch seine Kimme, aber soll er es vorne links oder rechts vorbeiführen?

Die Schlepperei des Kanus wird doch irgendwann schwer, so fahren wir wieder zurück zu unserem Anlegeplatz.

Am nächsten Tag müssen wir ein paar Kilometer schaffen. Der Femundsee ist 60 Kilometer lang, und wir wollen ja auch noch den Trysilelven über eine Länge von ca. 150 Kilometern befahren, der aus dem südlichen Ende des Femundsees herausfließt.

Irgendwie hängen die beiden anderen Kanus Britta und mich immer ab. Marcus und Sabine haben sich inzwischen gut eingespielt, Britta und ich sind wohl etwas schwach. Wir haben immer tierischen Gegenwind. Wenn wir abends zelten flaut er aber immer ab. Einen Tag sind die Wellen so hoch, daß wir richtig froh um unsere Spritzdecken sind, sonst hätten wir sicherlich gut zu schöpfen.

Das Wetter ist ziemlich durchwachsen, sonnige Abschnitte wechseln sich ab mit Regen. Die Stimmung im Team ist aber immer noch bestens. Einmal haben wir nach einem Gewitterguß einen wunderschönen Regenbogen. Wir schaffen jeden Tag so 15-20 Kilometer, so daß wir nach drei Tagen am südlichen Ende des Femundsees ankommen. Nachdem wir am späten Nachmittag abgekämpft vom Gegenwind eigentlich schon einen Platz zum Zelten gesucht schlief der Wind (wie jeden Abend) plötzlich ein. Bei der Windstille schafften wir locker noch einmal 10 Kilometer und zelten auf einer Insel am Ende des Femundsees, Leider konnte ich mich mit meinem Vorschlag immer erst spätnachmittags loszufahren nicht durchsetzen, die Regelmäßigkeit mit der der Wind abends einschlief hielt man eher für Zufall. Nun ist es ja auch egal, wir haben den Fluß vor uns, da ist es erstens nicht so windig, außerdem hilft uns die Strömung.

Auf diesem Inselplätzchen wollen wir wieder ein Tag Päuschen einlegen, das haben wir uns mit der Schinderei auf dem Femundsee auch verdient. Wir erleben und fotografieren einen wunderschönen Sonnenuntergang. Außerdem sehen wir, wie ein Rehpärchen von unserer Insel durch den See zum Festland hinüberschwimmt.

Am nächsten Tag machen wir uns mit leeren Kanus auf, um die Stelle zu begutachten, wo der Femundsee seinen Ausfluß hat. Ein tosender Schlund! André überlegt trotzdem ernsthaft dort zu fahren, aber seine Freundin Nicole verbietet ihm das (glücklicherweise). Man kann mit den Kanus erstaunlich dicht an die Abrißstelle fahren ohne von dem Sog erfaßt zu werden, aber etwas gruselig ist das schon. Wir turnen noch ein wenig zwischen der Gischt umher, aber wir haben uns bereits entschlossen die Stelle zu umtragen. Theoretisch könnten wir die Kanus zwar schon ungefähr 50 Meter tiefer wieder ins Wasser setzen, aber dann müßten wir die beladenen Kanus durch den Wald schleppen. Da wird es einfacher sein die Kanus auf den Kanuwagen ungefähr zwei Kilometer die Straße entlangzuziehen und dann an einer zugänglicheren Stelle wieder einzusetzen.

Das machen wir dann auch am nächsten Tag. Die Einsatzstelle ist wieder in einem See. Dieser See ist aber kleiner, schon bald kommen wir an sein Ende. Unter einer Brücke hindurch fließt der See in einen anderen See hinein, leichte Stromschnellen sind auf der gesamten Breite zu erkennen. Wir sind mächtig aufgeregt, die Stromschnellen sind aber kein Problem. Dann geht es wieder über einen kleinen See. Auch dieser See fließt in einen anderen, die Fließgeschwindigkeit ist aber sehr gering. Doch dieser See ist dann vorerst der letzte. Wir fahren in den Trysilelven hinein. Sogleich gibt es einige Schwälle ca. WW II, Stellenweise vielleicht auch III. André und Nicole fahren vorweg, dahinter die beiden anderen Kanus. Erst klappt es einigermaßen gut, doch irgendwo verreißt es Marcus und Sabine das Kanu, sie kentern. Geschickterweise sind die Spritzdecken der Kanus so konstruiert daß man sie am Bauch mit einer Schleife zubinden sollte. Glücklicherweise schaffen Marcus und Sabine es aber im Kentern die Schleifen zu öffnen. André legt an und springt sofort ins Wasser um den beiden zu helfen, aber es ist offensichtlich nichts passiert, beide klammern sich an ihrem umgekippten Kanu fest, die Paddel noch in der Hand. André hilft dann das Kanu an Land zu bringen. Die drei schaffen es dann sogar das Kanu an der Stelle an Land zu bringen, an der wir anderen angelegt haben.

Sabine hat diese Aktion ziemlich fertig gemacht, Marcus steht so neben sich, daß er vergißt seine Freundin zu trösten. André hat aber mal wieder alles im Griff und sagt wo es langgeht. Also ausziehen, abtrocknen, anziehen! Währenddessen richten wir anderen das Kanu wieder her. Das Gepäck ist ja zum Glück wasserdicht verpackt und am Kanu befestigt. Das Gepäck wird gelöst, das Kanu ausgeschüttet und dann wieder beladen.

Auch wenn Sabine eigentlich überhaupt nicht motiviert ist geht es weiter. Wir wollen aber heute auf eine Campingplatz übernachten. Laut Kanuführer müßte bald eine Stelle kommen, an der wir mit den Booten anlegen können, der Campingplatz soll vom Fluß aus zu sehen sein. Wir kommen auch an einem Steg vorbei, aber es ist kein Campingplatz zu sehen. Wir fahren also weiter.

Wir haben eine schöne Strömung die uns voranbringt aber nicht weiter schwierig zu fahren ist. Irgendwann wird uns aber bewußt, daß wir auf jeden Fall zu weit gefahren sind. Wir schleppen also unsere Kanus die Böschung hoch und laden sie auf die Kanuwagen. Glücklicherweise ist das Wetter einigermaßen stabil und die Sonne scheint.

Fast fünf Kilometer müssen wir nun zurücklaufen. Wir tapern die Straße entlang, an einigen Stellen stehen Autos mit Leuten und mit kläffenden großen Hunden. Irgendwo muß hier ein Hundetreffen sein. Wir kommen an einem Tor vorbei, eine kleine Ziege sieht uns und läuft fortan hinter uns her. Eine Zeitlang amüsieren wir uns, doch nachdem wir immer näher an den Campingplatz kommen, wissen wir nicht so recht, wie wir das Vieh wieder loswerden können. Wir legen einen längeren Spurt ein, was mit den vollbeladenen Kanuwagen nicht so leicht ist und hängen das Vieh auch tatsächlich ab. Na hoffentlich findet die Ziege wieder nach Hause.

Wir kommen am Campingplatz an, und wie es natürlich kommen mußte ist das Hundetreffen hier, Überall sind Wohnwagen und Wohnmobile und überall kläffen riesige Köter rum. Wir sind die einzigen Camper mit Zelt und dürfen auf einer Wiese in der Mitte des Zeltplatzes campen. Die Wohnwagen und Wohnmobile stehen alle mehr oder weniger an den Rändern des Campingplatzes und somit in einem großen Kreis um uns herum. Etwas komisch ist es schon, wie wir hier auf dem Präsentierteller sitzen, aber was soll's... Nachdem wir eine warme Dusche genossen haben kochen wir uns dann noch in aller Öffentlichkeit unser Abendessen.

Am nächsten Morgen bekommt André heraus, daß es für ungefähr 10.- DM ein Frühstücksbuffet gibt. Das müssen wir uns natürlich gönnen. Für norwegische Verhältnisse ist das superbillig, und auch gar nicht so schlecht.

Nach dem Frühstück machen wir uns wieder mit unseren Kanus auf die Socken. Vom Campingplatz finden wir die Einstiegsstelle sofort. Es ist der Steg, den wir gestern schon gesehen haben, allerdings ist der Campingplatz auf keinen Fall, wie der Kanuführer vorgibt, vom Fluß aus zu sehen.

André und Nicole fahren vor. Es kommen wieder einige Wildwasserstellen die wir begutachten bevor wir sie fahren, aber wir schaffen es ohne Kenterung obwohl uns manchmal bei der Begutachtung mulmig wird, und wir regelmäßig alle sechs aus Nervosität pinkeln müssen. Irgendwie passiert es dann mal daß Britta und ich vorne sind. Wir sehen eine Stelle die vielleicht etwas härteres Wildwasser ist, doch als wir uns entschließen anzuhalten, sind wir schon so nah dran, daß wir nicht mehr halten können, also Augen zu und durch. Das war mit Abstand die bislang härteste Stromschnelle unserer Tour! Die beiden anderen Boote kentern auch nicht, uff! Wir halten am Ufer und gucken uns das Gebrause an. Da wären wir normalerweise wohl nicht durchgefahren wenn wir die Stromschnelle vorher begutachtet hätten. Im Nachhinein sind wir aber doch froh, denn das Umtragen der Stromschnelle wäre deutlich lästiger gewesen. Nur Sabine malt sich aus was alles hätte passieren können...

Weiter geht's. Es kommen noch einige leichtere Stromschnellen, doch dann sieht das Wasser so wild aus, daß wir doch lieber an Land gehen. Wir laufen ein paarmal an der Stelle hin und her, dann beschließen wir, zu umtragen. Unser Ziel heute ist Elvbrua, dort ist unter einer Straßenbrücke eine starke Stromschnelle die wir ohnehin umtragen müssen. Wir schleppen die vollen Boote den Abhang hoch. Da Elvbrua nur noch ungefähr vier Kilometer entfernt ist, beschließen wir, die Boote nicht wieder über den Abhang ins Wasser zu setzen, sondern gleich nach Elvbrua zu gehen.

Die Kanuwagen setzen uns zu. Im Prinzip sind sie zwar ganz gut, doch leider lösen sich einige Schrauben immer wieder, da es sich um Innensechskantschrauben handelt und wir keinen entsprechenden Schlüssel dabeihaben bekommen wir sie auch nicht ordentlich festgezogen.

Plötzlich versperrt uns eine Schranke den Weg, da dies ein Privatweg ist. Glücklicherweise ist die Schranke so hoch, daß wir die Kanus auf den Kanuwagen unterdurchziehen können.

Schon sind wir auch in Elvbrua angekommen. Die Stromschnelle sieht wirklich ziemlich hart aus. André und ich überlegen morgen eventuell mit leerem Boot hindurchzufahren.

Ersteinmal bauen wir unsere Zelte an einer schönen Stelle unterhalb der Stromschnelle auf, dann wird Feuer gemacht. Wir haben eine große Plane die wir gegen den Regen aufspannen, das Wetter sieht mal wieder nicht besonders stabil aus. Wir spannen die Plane direkt über dem Feuer aus, ich zweifle daß das gutgeht, André ist sich aber sicher daß das klappt und er behält auch recht.

Wir beschließen morgen einen Tag Pause zu machen.

Anderntags nehmen André und ich uns dann auch ein leeres Kanu, ziehen uns Schwimmwesten an und schleppen es flußaufwärts. Nicole und Sabine sind mit Fotoapparaten ausgerüstet, während Marcus und Britta etwas weiter flußabwärts warten um uns ggf. zu "retten". Dummerweise regnet es immer mehr. André und ich haben von der Straßenbrücke genau geguckt wie wir die Stromschnelle durchfahren wollen. Vom Fluß aus sieht das aber alles irgendwie anders aus. Egal, wir setzen uns ins Boot und fahren los. André sitzt hinten, ich vorne. Den ersten Schwall meistern wir noch, doch plötzlich kippt das Boot nach rechts und ich falle einfach heraus. WUSCH habe ich eine Ladung Wasser im Gesicht, ich tauche mit dem Kopf wieder auf, hole Luft, WUSCH, eine zweite Ladung! So geht das dann noch ein paarmal und ich hoffe, daß die Stromschnelle nun endlich vorbei ist. Irgendwann ist sie auch zuende, aber ich habe reichlich Wasser geschluckt. André ist natürlich auch aus dem Boot gefallen. Während ich mich die ganze Zeit an dem kieloben treibenden Boot festhalten kann, muß André sich anstrengen hinter dem Boot herzuschwimmen. Wir versuchen nun das Boot in Richtung Ufer zu schieben. Plötzlich erblicken wir Britta, die am Seil angebunden im Wasser steht und uns hilft das Boot ans Ufer zu bringen. Wir schaffen es auch tatsächlich das Boot genau an seiner ursprünglichen Anlegestelle zu befestigen.

Nungut, wo ich schon naß bin, hole ich mir schnell Seife und wasche mich im Fluß. Sonst kostet es nämlich immer viel Überwindung sich in das kalte Wasser zu begeben. Danach gibt es ersteinmal heißen Tee mit Rum. Danach gibt es nocheinmal heißen Tee mit Rum und danach noch ein paarmal. André und ich sind beide ziemlich knille. Es gießt die ganze Zeit in Strömen, aber wir amüsieren uns köstlich unter unserer Plane. Der Tag ist schnell vorbei und war trotz des trostlosen Wetters eigentlich einer der lustigsten Tage dieses Urlaubs.

Es gießt die ganze Nacht und auch am nächsten Morgen regnet es noch. Trotzdem packen wir die Sachen zusammen und es geht weiter. Den Flußabschnitt den wir heute befahren soll der landschaftlich reizvollste Teil sein. Allerdings ist von der Landschaft nicht viel zu sehen, es regnet und die Wolken hängen tief. Die Strömung trägt uns ganz gut voran aber bei dem Wetter ist das Fahren kein Genuß. In einem kleinen Kaufmannsladen machen wir noch Großeinkauf. Als der Regen immer stärker wird landen wir an. Wir sind alle völlig durchnäßt. Als erstes muß ein Feuer gemacht werden und die Plane muß darüber gespannt werden damit wir ein trockenes warmes Plätzchen haben. Wir sammeln Holz im strömenden Regen, finden aber nicht so recht Birkenrinde um es zu entfachen. Irgendwie bekommen wir den nassen Haufen dann aber doch entfacht. Die Zelte werden noch aufgebaut, dann versuchen wir uns an dem Feuer zu trocknen. Meine Turnschuhe sind völlig durchnäßt ich habe als einziger vergessen mir Gummisandalen mitzunehmen.

Es regnet die ganze Nacht, am nächsten Morgen hat es aber sogar aufgehört zu regnen. Es sieht sogar so aus als ob es eventuell heute nicht ganz so viel regnen wird. Wir fahren los. Heute haben wir nach dem wir ein paar Seen durchquert haben eine über 20 Kilometer lange Schwallstrecke vor uns. Das wird ein Vergnügen, wenn das Wasser nur nicht zu wild ist.

Sonne und kurze kräftige Regenschauer wechseln sich ab. Die Verbindungsstücke zwischen den Seen sind teilweise etwas stärkeres Wildwasser. Dadurch, daß es dieses Jahr ständig regnet, ist der Wasserstand allgemein recht hoch, und die Stromschnellen sind sehr wuchtig. Die Wellen sind teilweise so heftig, daß Britta, die vorne im Boot sitzt, im wahrsten Sinne des Wortes in (den) See sticht. Trotz der Spritzdecken die das Boot eigentlich ziemlich fest umschließen müssen wir öfters anhalten und schöpfen. Meine Füße sind ständig naß und ich habe wiegesagt nur die Turnschuhe dabei.

Auch wenn Sabine aufgrund der Kenterung vor ein paar Tagen ziemlich ängstlich ist, durchfahren wir doch alle Stellen mit dem Boot. Irgendwann kommt der letzte See, mit dem Ausfluß beginnt die über 20 Kilometer lange Schwallstrecke. Der Ausfluß sieht recht wild aus und der Fluß fließt in einem großen Bogen was die Sache nicht unbedingt leichter macht. Sabine will überhaupt nicht fahren, lieber das Boot 20 Kilometer auf dem Wagen schieben. Wir wollen sie überreden, aber es will nicht so recht klappen. Eine schwedische Familie ist in unserer Nähe, wir fragen sie, wie wild der weitere Verlauf des Flusses sei. Mit Zeichensprache geben sie uns zu verstehen, daß der Fluß weiter unten viel ruhiger sei und nur ganz am Anfang so wild. Das gibt den Ausschlag, daß Sabine nun doch mit dem Boot mitfährt.

Die erste Kurve ist zwar die wildeste Stelle, doch auch ansonsten ist die Strecke nicht zu verachten. Das Wasser ist gerade so wild, daß man noch keine Angst bekommt, aber doch schon konzentriert fahren muß. Die Gesamte Schwallstrecke hat wirklich Spaß gemacht und schon nach einer knappen Stunde haben wir sie überwiegend hinter uns gebracht. Im Moment scheint sogar die Sonne. Wir legen an einer schönen Stelle an. Das Anlegemanöver ist nicht ganz leicht, weil doch noch eine gewisse Strömung da ist. Uns fällt auf, daß wir offensichtlich das typische Fjellgebiet verlassen haben. Während bisher Moose Flechten und Nadelbäume das Landschaftsbild bestimmten, zelten wir jetzt auf Gras unter Laubbäumen.

Heute ist mal wieder ein wenig Körperpflege notwendig. Da die Strömung hier so stark ist, binde ich mich beim Bad im Fluß lieber an einem Baum fest.

Am nächsten Morgen fühle ich mich überhaupt nicht gut. Wahrscheinlich habe ich mich vorgestern bei dem Regenwetter erkältet. Irgendwie habe ich auch schon seit Tagen nasse Füße, weil ich wiegesagt die Gummisandalen vergessen habe und immer meine Turnschuhe trage. heute fahren wir nach Trysil. ich hänge die ganze Zeit elegisch im Boot herum und bin froh wenn uns die Strömung einigermaßen voranbringt. Bald beginnt es schon wieder zu regnen. Die Strömung wird immer schwächer. Irgendwann kommen wir in Trysil an. Die erste Stadt seit Beginn unserer Tour. Wir legen am Steg eines Kanuvereins an und gehen in einen großen Supermarkt. Ich komme an einem Regal mit Turnschuhen vorbei und kann nicht wiederstehen: Ich kaufe mir ein Paar trockene Schuhe. Diese Gummisandalen die die anderen haben, gibt es hier leider nicht. Die Schuhe sind eine Wohltat! Ich fühle mich an den Füßen wie neugeboren. Trotzdem habe ich noch Kopfschmerzen, bin matt und habe wohl Fieber. Wir erkundigen uns nach einem Campingplatz in Trysil. Wir müssen noch ungefähr einen guten Kilometer mit den Kanus fahren, dann kommt einer am linken Ufer. Wir finden den Campingplatz auf Anhieb.

Wir bauen die Zelte auf, spannen unsere Plane auf und André kocht feurigen Texaseintopf aus der Dose von Aldi. Ich fühle mich elend und trinke dann einige Tee mit Rum. Die leichte Benebelung läßt mich dann mein Unwohlsein einigermaßen verdrängen. Ich schlafe schnell im Zelt ein und habe Angst morgen richtig krank zu sein.

Am nächsten Tag krieche ich aus dem Zelt und fühle mich zwar etwas geschwächt, aber eigentlich deutlich fitter als gestern noch. Außerdem hat sich das Wetter gebessert, die Sonne kommt sogar ab und zu durch.

Wir packen unsere Sachen und weiter geht's. Bald kommen wir an einer ca. 200 Meter langen Stromschnelle an. Wir betrachten sie vom Land aus. Es geht aber eine schöne Bahn hindurch, die eigentlich völlig unverblockt ist und glatt zu durchfahren sein müßte. So ist es dann auch, wir gleiten geradezu durch die ansonsten ziemlich hohen Stromschnellen.

Die folgende Strecke wird von unserem Kanuführer mit den Worten "schöne Schwälle" beschrieben. Was sich (wohl aufgrund des Hochwassers) uns darbietet scheint aber eher WW IV+ zu sein. Wir werden von einem Schwall in den nächsten geworfen, das Boot taucht mehrmals mit der vorderen Hälfte (und Britta) unter Wasser. Unglaublicherweise kentert niemand von uns. Wir sehen zu, daß wir ans Ufer kommen. Unsere Boote sind trotz der Spritzdecken halb voll Wasser gelaufen. Beunruhigt warten wir auf das Boot mit Marcus und Sabine, das war nun wirklich die schlimmste Stelle der ganzen Tour. Irgendwie nimmt Sabine diese Stelle aber ganz locker und lacht.

Das waren jetzt wohl auch unsere letzten erwähnenswerten Stromschnellen der Tour, ab jetzt sind Gefällestrecken überwiegend durch Stauwehre mit Wasserkraftwerken verbaut.

Die Besiedelung wird auch immer dichter, immer öfters sind Häuser vom Fluß aus zu sehen. Die Stauwehr müssen wir mal länger mal kürzer umtragen, unser Kanuführer gibt uns Hinweise wo und wie man am besten das Kanu aus- und wiedereinsetzt.



Das Wetter ist wieder wechselhaft, Regengüsse wechseln sich mit Sonne ab. Wir gelangen an einen riesigen Stausee, der schon fast komplett auf schwedischem Gebiet liegt. Der Grenzübertritt ist problemlos, das heißt, außer daß wir zwei gelbe Steine am Ufer sehen ist nichts zu bemerken. Das einzige Problem ist es am Ufer eine Stelle zum übernachten zu finden. Das Ufer ist nämlich ziemlich hügelig und wir müssen immerhin drei einigermaßen flache Stellen für unsere drei Zelte finden. Nach einigem Gesuche finden wir dann auch eine richtig schöne Stelle.

Als wir zur Getränkzubereitung (wi immer) Wasser aus dem See schöpfen, merken wir, daß da ziemlich viele Wasserflöhe drin sind. André ist das egal, er meint wenn diese Tierchen im Wasser sind, ist das nur ein Zeichen für dessen hohe Qualität. Naja wir anderen versuchen dann wenigstens noch möglichst wenig Wasserflöhe zu schöpfen, aber man schmeckt sie wirklich nicht durch...

Am nächsten Tag fahren wir dann noch den See entlang bis zu der Staumauer an seinem Ende. Dieses ist die höchste Staumauer die wir im Verlaufe unserer Fahrt erlebt haben.

Das Kraftwerk kann man besichtigen. Um 14 Uhr startet die Besichtigung. Wir stellen fest, daß dies die letzte Besichtigung in diesem Jahr ist, da die Saison morgen bereits zu Ende ist.

Mit dem Auto fährt man unten in einen großen Tunnel. Zwei riesige Turbinen (natürlich von AEG) erzeugen hier Strom. Das Wasser fällt durch große Röhren herunter und treibt die Turbinen an. Interessante Statistiken über den Wasserstand des Stausees hängen an den Wänden. Während normalerweise um diese Zeit (Ende August/Anfang September) der niedrigste Wasserstand anzutreffen ist, ist dieses Jahr durch den vielen Regen der Stausee randvoll.

Nach der Besichtigung müssen wir unsere Kanus wieder auf die Kanuwagen laden. Die Röhren des Kraftwerks münden erst ungefähr sechs Kilometer weiter vorne wieder in das Flußbett. Das alte Flußbett ist aufgrund des Hochwassers auch nicht völlig ausgetrocknet, aber für die Kanus reicht es wohl doch nicht ganz.

So schieben und ziehen wir unsere Kanus nach Höljes. Um zum Campingplatz zu gelangen müssen wir noch das ganze Dorf durchqueren.

Eigentlich wollten wir unsere Tour erst zwanzig Kilometer weiter flußabwärts in Sysslebäck beenden. In unserem Kanuführer steht aber daß "plötzlich gefährliche ungesicherte Ansaugtunnel für ein Wasserkraftwerk" auftauchen von denen man sich in Acht nehmen soll. Wir entschließen uns, die Tour hier schon zu beenden, die paar letzten Kilometer lohnen sich dann auch nicht mehr.

Seit wir in Schweden sind ist das Wetter erstaunlicherweise warm, sonnig und trocken.

Am nächsten Tag werden André, Nicole und Marcus werden von dem über den Kanuverein organisierten Auto abgeholt.

Am darauffolgenden Tag kommen sie mit ihren beiden PKW wieder zurück. Wir wollen nun noch ein paar Tage in Oslo verbringen.

Natürlich müssen wir uns noch die angeblich so gefährliche Stelle mit den Ansaugtunneln anschauen. Sie ist absolut lächerlich, man hätte ganz locker vorbeifahren können. Nun ist es aber zu spät.

In Oslo campen wir auf einem vollen, teuren Touri-Campingplatz.

In den drei Tagen dort besichtigen wir mehrere überwiegend recht interessanten Museen, den Frogner-Park und den Holmenkollen, die Skisprungschanze in Oslo.

Dann geht es schon wieder Richtung Heimat.

Ein schöner, unbedingt nachamenswerter Urlaub ist zu Ende!


Du bist Leser Nummer seit dem 7. April 1998
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